Lessing, Mendelsohn und die Bürgerhäuser am Nikolaikirchplatz

30. September 2024

Der malerische Blick hinter der Nikolaikirche ist ohne Frage eines unserer optischen Highlights. Hier wird meist vor der „Kaffeestube“ stehen geblieben und die Strasse hinab in Richtung Eiergasse fotografiert. Links, zum Nikolaikirchplatz hin, erhebt sich die Nikolaikirche, Berlins ältestes erhaltenes Kirchenbauwerk, mit ihrer urigen Feldstein- und Backsteinmauern. Auf der anderen Seite der Straße steht ein Ensemble mit Bürgerhäusern und in der Mitte findet sich das traditionelle Kopfsteinpflaster.

Was hier im Nikolaiviertel entstand, ist eine Reihe rekonstruierter historischer Bürgerhäuser, die rechts von der „Kaffeestube im Nikolaiviertel“ und links vom Restaurant „Zum Paddenwirt“ abgeschlossen wird. Was das Ensemble zu einem echten und charmanten Hingucker macht, ist der ursprüngliche, historische Formenreichtum, denn hier gleicht kein Gebäude dem Anderen. Da sind unterschiedliche Breiten und Bauhöhen, manche der Häuser haben drei, andere vier Stockwerke. Jede der Fassaden, Hauseingänge und schmiedeeisernen Handläufe ist anders gestaltet, das Gebäude des Paddenwirts ist zudem seitlich leicht versetzt, wodurch sich ein nischenartiger Übergang zum benachbarten Lessinghaus ergibt.

Hier, auf dem schmalsten Grundstück am Nikolaikirchplatz, befand sich ursprünglich ein Haus aus dem 17. Jahrhundert, in dem Gotthold Ephraim Lessing bis 1755 wohnte. An den bedeutenden Dichter und Dramatiker erinnert an dem Gebäude heute eine Gedenktafel, wobei sich die Gelehrten nicht darüber einig sind, ob Lessing genau hier „Minna von Barnhelm“ fertig schrieb oder wenige Gehminuten entfernt, in seiner späteren Wohnung Am Königsgraben 10.

Unstrittig ist, dass Lessing hier im Nikolaiviertel Moses Mendelsohn kennenlernte, den bedeutenden deutsch-jüdischen Philosophen der Aufklärung. Der gleichaltrige Mendelsohn wohnte zu der Zeit in einer Dachkammer in der Propststrasse 3 und beide Männer verband eine lebenslange Freundschaft, die 1754 angeblich bei einem Schachspiel im Nikolaiviertel begann.

Ein Spaziergang durch die Gassen rund um den Nikolaikirchplatz verspricht also nicht nur jede Menge schöne Fotos, sondern ist also auch eine tolle Idee für alle, die auf den Spuren Lessings und Mendelsohn wandeln möchten, zwei der bedeutendsten deutschsprachigen Vordenker der Toleranz und Aufklärung des 18. Jahrhunderts.