Nikolaiviertel persönlich: Annett Greiner-Bäuerle und ihr Georgbraeu
Direkt am Spreeufer befindet sich eine der wenigen Hausbrauereien Berlins: das Brauhaus Georgbraeu – seit 2014 unter der Regie von Annett Greiner-Bäuerle.
Seit wann sind das Georgbraeu und das Nikolaiviertel Teil Ihres Lebens und wieviel Zeit verbringen Sie hier?
Ich bin seit 2010 im Nikolaiviertel und gehe eigentlich nur zum Schlafen nach Hause. Genau genommen ist mein Lebensmittelpunkt tatsächlich hier, genau wie bei den Anwohnern und vielen anderen Gewerbetreibenden. Aber als echte „Ostberliner Göre“ kannte ich das Viertel natürlich schon vorher.
Oliver Kassan und ich haben das Georgbraeu 2011 gekauft. Oliver war hier vorher schon seit 1992 der Braumeister, damals übrigens als jüngster Braumeister Berlins. 2010 sagte ihm der damalige Eigentümer Peter Härig, daß er sich zurückziehen und den Betrieb verkaufen will auf zwar am liebsten an uns. Lange mussten wir nicht überlegen und dann haben wir erstmal die Bank von unseren Fähigkeiten überzeugt. Schließlich haben wir die Finanzierung bekommen und den Betrieb übernommen aber am 6.11.2011 hatte mein Mann seine erste Biopsie und dann kam die Krebsdiagnose. Seit Juli 2014 leite ich die Firma jetzt allein, in der Zeit davor habe ich zusätzlich meinen Mann gepflegt.
Wie lange gibt es das Georgbraeu eigentlich schon unter diesem Namen?
Das Georgbraeu wurde im Oktober 1992 eröffnet. Vorher gab es in den Räumen ein Selbstbedienungsrestaurant namens „Spree-Büffet“.
Eine lange Zeit. Was macht das Georgbraeu für Sie zu einem besonderen Ort?
Wir sind hier ein echter Familienbetrieb. Wir gehen auch miteinander um, wie in einer Familie und halten zusammen. Darauf lege ich sehr großen Wert. Es gibt viele persönliche Beziehungen im Team und im ganzen Viertel. Das Georgbraeu ist für mich einfach einer der schönsten Orte der Welt. Da ist unser schöner Biergarten, die Lage an der Spree, der schöne Blick auf das Georgsdenkmal und so viel mehr.
Und klar: wir produzieren unser Bier selbst. Unser Braukessel steht ja auch mitten im Gastraum. Da loben die Gäste oft die tolle Deko und wir müssen dann öfters mal erklären, daß das keine Deko ist, sondern echtes Arbeitsgerät, mit dem wir produzieren. Und im Keller sind unsere Ausschanktanks.
Was sind Ausschanktanks?
Normalerweise bekommt man in einem Restaurant oder einer Kneipe sein Bier ja aus 50-Liter-Fässern, die dort erstmal von der Brauerei oder dem Großhandel hintransportiert werden müssen. Das bedeutet immer, daß das Bier viel bewegt wird und natürlich daß die Kühlkette unterbrochen wird, was beides nicht wirklich optimal ist. Und bei uns kommt es halt immer direkt aus den Ausschanktanks in den Zapfhahn.
Was kommt bei Ihnen ins Glas?
Ich sag’s mal so: wir haben schon Craft-Bier gemacht, als es noch keiner so genannt hat. Das gibt es übrigens auch für Zuhause, allerdings nur bei uns und nicht im Einzelhandel. Und wir brauen natürlich auch ein naturtrübes Bier und filtern die ganzen leckeren und guten Sachen nicht heraus, wie viele Großbrauereien. Dann machen wir vier Sonderbiere im Jahr, bei denen sich die Brauer austoben dürfen. Meistens Maibock, ein Pale Ale, Sommerweizen und ein Weihnachtsbier. Aber natürlich alles nach dem traditionellen Reinheitsgebot also ohne „exotische“ Geschmackszusätze. Ich finde es auch immer noch faszinierend, daß man mit verschiedenen Hefen und Hopfensorten ganz unterschiedliche Geschmäcker im Bier herstellen kann.
Traditionell geht es auch auf der Speisekarte zu…
Ja, und was auf unserer Karte steht produzieren wir grundsätzlich frisch, was so weit geht, daß wir sogar das Fleisch für die Buletten selbst durchlassen. Einfach weil wir genau wissen wollen, was wir in der Pfanne haben. Und die Gäste wissen genau was sie bekommen. Unsere Bratwurst gibt es auch nur bei uns, nach Georgbraeu-Rezept von unserem Fleischhändler gefertigt und die Haxe ist nicht gegrillt, sondern geschmort. Ich sage mal: Berliner Küche mit Leidenschaft. Wir machen auch kein Oktoberfest, weil: wir sind Berliner.
Keine Weisswurst?
Keine Weisswurst.
Aber natürlich gehen wir auch mit der Zeit und es gibt jetzt zum Beispiel mehr vegetarische Gerichte auf der Karte als vor einigen Jahren. Auf der Weihnachtskarte wird es zum Beispiel auch wieder unsere Rotkohlroulade mit einer Maronenfüllung geben. Also: ein tolles Weihnachtsessen geht auch ohne Fleisch.
Kommen wir zum Schluß nochmal zum Standort zurück. Was macht das Nikolaiviertel für Sie speziell?
Natürlich erstmal das Offensichtliche, daß man hier einen Ruhepol in dieser wuseligen Stadt hat. Man kommt hier hereingelaufen und hat den Eindruck, in einem Dorf zu stehen. Und man kennt sich hier, das finde ich toll und wichtig. Und als Unternehmensstandort ist der große Unterschied zu Einkaufszentren: hier arbeiten tatsächlich die Firmeninhaber. Die arbeiten für sich selbst und für ihr Team und nicht für einen Konzern oder eine Kette. Das macht einen riesigen Unterschied und das wissen die Gäste sehr zu schätzen.
Brauhaus Georgbraeu • Spreeufer 4 • 10178 Berlin • Tel.: (030) 242 42 44
Website: georgbraeu.de • E-Mail: info@georgbraeu.de